Veröffentlicht am 14. Oktober 2016

Das „3-Jahres-Urteil“ des BSG: Handlungshinweise für Klinik-MVZ

Insbesondere expandierende Krankenhaus-MVZ müssen die neuen Vorgaben des BSG-Urteils vom 04.05.2016 (B 6 KA 21/15 R) bei ihren weiteren Planungen berücksichtigen. In der Praxis sollte bspw. der Fortbeschäftigungs-Wille des Arztes, der eine Zulassung in ein Klinik-MVZ einbringt, zunächst dadurch dokumentiert werden, dass der Anstellungsvertrag für beide Parteien nicht vor Ablauf von drei Jahren ordentlich kündbar ist. Treten dann während der Laufzeit des Anstellungsvertrages unvorhersehbare Änderungen in der Berufs- oder Lebensplanung auf, so können MVZ und Arzt über eine Vertragsaufhebung verhandeln. Entweder wird parallel zu diesen Verhandlungen im Wege einer Voranfrage mit dem Zulassungsausschuss geklärt, ob dieser die Gründe für eine Nachbesetzung als ausreichend erachtet oder die Auflösung des Arbeitsvertrages wird mit der aufschiebenden Bedingung der Nachbesetzung der Arztstelle durch den Zulassungsausschuss verbunden.

Denkbar ist auch, dass ein abgabewilliger Vertragsarzt die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens beantragt und sich ein Krankenhausarzt als freiberuflicher Praxisnachfolger bewirbt, der bereit ist, nach einiger Zeit auf seine Zulassung zu verzichten, um sodann für mindestens drei Jahre als Angestellter des Klinik-MVZ zu arbeiten. Offen ist hierbei allerdings die Frage, wie lange ein in dieser Weise neu zugelassener Arzt freiberuflich tätig sein muss, bevor er zugunsten des MVZ auf seine Zulassung verzichten kann. Die bisher in der Praxis akzeptierten Zeiträume von drei bis sechs Monaten werden voraussichtlich nach dem neuen BSG-Urteil nicht mehr ausreichen. Wegen der hohen Anforderungen an alle Beteiligte dürfte diese Vorgehensweise jedoch die Ausnahme bleiben.

Möglicherweise einfacher zu gestalten ist die Anstellung eines Krankenhausarztes in der Praxis eines abgabewilligen Arztes auf einer halben Zulassung. Bei nachfolgendem Verzicht zugunsten des Klinik-MVZ (bspw. nach 3 oder 6 Monaten) entstehen dort zwei hälftige Arztstellen. Auf diese Weise kann von Beginn an zumindest eine Teilzeitstelle von einem Krankenhausarzt besetzt werden, was gemäß BSG-Urteil ansonsten erst nach frühestens 12 Monaten möglich wäre.

Ist im Einzelfall aufgrund von Arztmangel absehbar, dass das Klinik-MVZ der einzige Interessent für eine bestimmte Vertragsarztzulassung ist, sollte ggf. auch über das Verfahren der Ausschreibung des Vertragsarztsitzes und Bewerbung des Klinik-MVZ nachgedacht werden.

Quelle: RA Dr. Ingo Pflugmacher, Fachanwalt für Medizinrecht, Kanzlei Busse & Miessen Rechtsanwälte, Bonn