Veröffentlicht am 5. Juni 2014

Plausibilitätskontrollen bei angestellten MVZ-Ärzten

Der Fall: Ein MVZ in der Rechtsform einer GmbH stand zum Verkauf. Im MVZ waren Haus- und Kinderärzte angestellt, meist halbtags. Ein Interessent wollte die vertragsarztrechtliche Zulassungs- und Genehmigungssituation einsehen. Er ließ sich daher die Anstellungsgenehmigungen des Zulassungsausschusses und die Arbeitsverträge mit den halbtags angestellten Ärzten sowie die mittels Praxis-EDV erstellten Tages- und Quartalsprofile vorlegen. Die Praxis-EDV war so eingestellt, dass sie für halbtags angestellte Ärzte im Tagesprofil 12 Stunden Leistungszeit und im Quartalsprofil 390 Stunden zugrundelegte. Danach waren die halbtags angestellten Ärzte weder im Tages- noch im Quartalsprofil auffällig. Der Erwerber war sich jedoch nicht sicher, ob für angestellte Ärzte die gleichen Aufgreifkriterien wie für zugelassene Vertragsärzte gelten.

Die Rechtslage: Kassen und KVen sind gesetzlich verpflichtet, die ordnungsgemäße Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen zu überprüfen. Hierzu haben sie eine Vereinbarung zu schließen, die eine rechtsstaatliche Durchführung der Plausibilitätsprüfung gewährleistet (Plausibilitätsprüfvereinbarung). Der KBV und dem GKV-Spitzenverband wiederum obliegt es, auf Bundesebene Richtlinien zur Durchführung der Plausibilitätsprüfung zu vereinbaren. Diese Richtlinien werden automatisch Bestandteil der Plausibilitätsprüfvereinbarung. Die Richtlinien auf Bundesebene unterscheiden insbesondere zwischen einer regelhaften und einer ergänzenden Plausibilitätsprüfung. Die regelhafte Plausibilitätsprüfung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Umfang der abgerechneten Leistungen bestimmten zeitlichen Aufgreifkriterien gegenübergestellt wird. Danach ist eine Abrechnung dann auffällig, wenn die aus ihr ermittelte arbeitstägliche Zeit an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt.

Für Einrichtungen mit mehreren Ärzten gelten die oben genannten Aufgreifkriterien entsprechend, wobei die Obergrenzen für das Tages- bzw. Quartalszeitprofil mit der Anzahl der in der Kooperation tätigen Vertragsärzte oder angestellten Ärzten multipliziert werden. Grundsätzlich werden also halbtags angestellte Ärzte mit dem Faktor 0,5 und daher im Quartalsprofil mit 390 Stunden berücksichtigt. Allerdings sieht Paragraf 8a der Richtlinien die Möglichkeit einer ergänzenden Überprüfung bei Tätigkeit angestellter Ärzte in der Praxis/im MVZ vor: Hier kann das gesamte Tageszeitprofil so modifiziert werden, dass nicht die vollen oder anteilig für Vertragsärzte geltenden Aufgreifkriterien, sondern nur die vom Zulassungsausschuss genehmigten, individuellen Arbeitszeiten der angestellten Kollegen einfließen. Sofern angestellte Ärzte unterschiedliche Arbeitszeiten pro Tag aufweisen, kann ein Quartalsprofil erstellt werden, dem die durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit der angestellten Ärzte zugrundezulegen ist. Damit jedoch nicht genug: Bei angestellten Ärzten kann die Abrechnung der Praxis/des MVZ zusätzlich daraufhin geprüft werden, ob die für sie vom Zulassungsausschuss genehmigten Arbeitszeiten eingehalten wurden.

Bezüglich angestellter Ärzte in MVZ hat die KV also die Wahl, ob sie der Plausiprüfung nach Zeitprofilen die gleichen Aufgreifkriterien wie für niedergelassene Vertragsärzte zugrunde legt, oder aber nur die vom Zulassungsausschuss genehmigten Arbeitszeiten. Bei Erstellung eines Quartalsprofils kann dies erhebliche Unterschiede bedeuten. Während beispielsweise für einen mit hälftigem Versorgungsauftrag niedergelassenen Vertragsarzt das Quartalszeitprofil 390 Stunden beträgt, würde das Aufgreifkriterium für einen mit 20 Wochenstunden halbtags angestellten Arzt lediglich 260 Stunden und für einen mit 13 Wochenstunden angestellten Arzt 169 Stunden betragen.

Manche KVen meinen sogar, dass bereits eine Überschreitung des Aufgreifkriteriums eine fehlerhafte Leistungserbringung bzw. -abrechnung vermuten lässt. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn nach Paragraf 5 Abs. 1 der Richtlinien müssen sonstige Erkenntnisse aus Art und Menge der abgerechneten ärztlichen Leistungen hinzukommen, die es wahrscheinlich machen, dass eine fehlerhafte Leistungserbringung bzw. -abrechnung vorliegt. Für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung bleibt jedenfalls dann kein Raum, wenn der Praxis-Inhaber nachweisen kann, dass die von den angestellten Ärzten erbrachten Leistungen tatsächlich vollständig erbracht und ordnungsgemäß abgerechnet worden sind.

Die Lösung: Der bisherige MVZ-Betreiber bat seine EDV-Firma, die Tages- und Quartalsprofile für die vergangenen vier Quartale so zu erstellen, dass die vertraglich vereinbarten und vom Zulassungsausschuss genehmigten Arbeitszeiten der angestellten Ärzte zugrundegelegt wurden. Daraus ergaben sich vereinzelt geringfügige Überschreitungen, die jedoch durch angezeigte Urlaubs- und Krankheitsvertretungen zu erklären waren. Auf Grundlage dieser Nachprüfung entschied sich der Interessent, das MVZ zu übernehmen. Er ließ sich jedoch vorsichtshalber vertraglich von sämtlichen Honorarrückforderungs- und Regressforderungen durch den bisherigen Betreiber im Innenverhältnis freistellen, die ihre Ursache vor dem Übernahmezeitpunkt hatten.

Quelle: ÄrzteZeitung