Veröffentlicht am 14. Juli 2022

Unverschuldete Honorarkürzungen wegen ePA – Einspruch möglich?

Der Fall: „Die PVS Module für die ePA, eAU, eMP konnten bei unserem Softwareanbieter erst ab Oktober 2021 bestellt werden. Ein konkretes Angebot für die TI-Komponenten haben wir vom Anbieter sogar erst Anfang Dezember 2021 erhalten. In der KV-Quartalsabrechnung für das 2. Quartal 2021 war eine Setzung der Pseudoziffer 98152 daher noch nicht möglich und es konnte kein Signal an die KV geben werden konnte, dass die Komponenten bestellt wurden. Nun wurde das Honorar im 3. Quartal 2021 von der KV um 1% gekürzt. Da wir hier völlig schuldlos sind, können wir die Kürzung so nicht hinnehmen – ist ein Einspruch möglich?“

Antwort aus der Rechtshotline von Rechtsanwalt Jan Ippach: Die gesetzliche Ausgangslage ist in diesem Zusammenhang recht klar. Gemäß § 341 Abs. 6 SGB V ist die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen pauschal um 1 Prozent zu kürzen, soweit der Nachweis über das Vorhalten der ePA-Komponenten nicht bis zum 30. Juni 2021 gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung erbracht wird. Diesen Nachweis haben Sie – sicherlich unverschuldet – nicht erbringen können. Es steht allerdings zu befürchten, dass die KV sich auf den Standpunkt stellen wird, dass sie als Selbstverwaltungsorgan lediglich die gesetzliche Regelung (§ 341 Abs. 6 SGB V) umzusetzen hat und ihr insoweit keine andere Wahl bleibt, als die Honorarkürzung – wie vom Gesetzgeber vorgesehen – umzusetzen.

Grundsätzlich sind in rechtlicher Sicht nun zwei Wege vorstellbar:

  1. Gegen den Honorarbescheid für das Quartal 3/2021 sollte Widerspruch wegen der Honorarkürzung eingelegt werden, soweit noch nicht geschehen. In dem Kontext der Widerspruchsbegründung können Sie versuchen zu argumentieren, dass Sie schuldlos daran gehindert waren, die Pseudoziffer zur Abrechnung zu bringen, da „Ihr“ PVS-Hersteller/Anbieter die erforderlichen Komponenten bis zum 30.06.2021 noch gar nicht zur Bestellung freigegeben hatte. In dem Widerspruchsverfahren müssten Sie geeignete Nachweise für Ihr Vorbringen vorlegen, bestenfalls also eine Bestätigung des PVS-Herstellers/Anbieters.
  2. Eine weitere Möglichkeit besteht nach meinem Dafürhalten darin, sich an den PVS-Hersteller/Anbieter zu wenden und diesen mit dem bei Ihnen schuldlos eingetreten Honorarabzug zu konfrontieren. Letztlich ist dieser Schaden in Form des Honorarabzugs bei Ihnen nur eigetreten, weil Sie die erforderlichen Komponenten nicht rechtzeitig (also bis zum 30.06.2021) bei dem Hersteller bestellen konnten. Ggf. kann man Ihnen von Herstellerseite „kompensierend“ entgegenkommen. Ob ein Schadenersatzanspruch tatsächlich gegenüber dem Hersteller besteht und in dem konkreten Fall auch durchgesetzt werden kann, bedarf jedoch einer Einzelfallprüfung.

Quelle: Rechtshotline des Statis e.V., an die Rechtshotline angeschlossen Herr RA Jan Ippach, LL.M., Kanzlei Dr. Halbe Rechtsanwälte Köln, koeln@medizin-recht.com, www.medizin-recht.com