Veröffentlicht am 2. November 2017

Auswirkungen der „Drei-Jahres-Klausel“ des BSG auf die Praxis

Hintergrund
Mit Urteil vom 04.05.2016 (Az. B 6 KA 21/15 R) hat das BSG entschieden, dass ein Vertragsarzt, der zugunsten einer Anstellung im MVZ auf seine Zulassung verzichtet, die Absicht haben muss, mindestens für die Dauer von drei Jahren angestellt tätig zu sein. Wenn dies nicht der Fall ist, dann habe das MVZ kein Recht, die frei gewordene Arztstelle nach zu besetzen.

Aktuelle Anwendung des Urteils
Nach mittlerweile über einem Jahr findet das Urteil – soweit ersichtlich – in allen KV-Bezirken dergestalt Anwendung, dass bereits bei der Antragstellung auf die einzuhaltende Frist hingewiesen wird. In welchen Fällen MVZ trotz vorzeitigem Ausscheiden des Arztes ein Nachbesetzungsrecht eingeräumt wird, bleibt der (zukünftigen) Rechtsprechung vorbehalten.

Insbesondere bei der Expansion müssen MVZ-Geschäftsführer diesen Punkt aber bereits jetzt in ihre Planung mit einzubeziehen. Dies betrifft sowohl die Vertragsgestaltung als auch die Überlegung von möglichen Alternativen.

Einfluss auf die Vertragsgestaltung
Im Rahmen der Vertragsgestaltung betreffen die Überlegungen insbesondere die Risikoverteilung für den Fall, dass der Arzt vor Ablauf der drei Jahre aus dem Anstellungsverhältnis ausscheidet und dem MVZ die Nachbesetzung der Arztstelle verwehrt wird. Neben der Verschiebung der Fälligkeit des Kaufpreises oder der Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens gibt es zahlreiche weitere Gestaltungsmöglichkeiten, um eine differenzierte Risikoverteilung zwischen Arzt und MVZ zu erreichen. Unabhängig davon, welche Regelung im Einzelfall getroffen wird, sollte jedenfalls berücksichtigt werden, dass dieser Punkt bei der Vertragsverhandlung nicht unbeachtet bleiben darf.

Stellt sich heraus, dass der Arzt nicht bereit ist, für drei Jahre als Angestellter zu arbeiten oder trifft die MVZ-Geschäftsführung die Entscheidung, eine derart lange Anstellungsdauer mit dem Arzt nicht zu wünschen, müssen alternative Gestaltungsoptionen in Betracht gezogen werden. Hierzu gehört insbesondere die Möglichkeit für MVZ, sich auf ausgeschriebene Sitze bewerben zu können, um einen Angestellten zu beschäftigen. Diese in der Vergangenheit wegen der ungewollten Implikationen des Ausschreibungsverfahrens eher stiefmütterlich behandelte Möglichkeit hat daher zunehmend wieder an Bedeutung erlangt. Ein jüngstes Beispiel des Zulassungsausschuss Köln zeigt jedoch, dass MVZ auch hier nicht mit einem reibungslosen Ablauf rechnen können: In einem Fall, in dem sich ein neu zu gründendes MVZ auf zwei ausgeschriebene Vertragsarztsitze beworben hatte, um die Abgeber als angestellte Ärzte zu beschäftigen (und hierdurch das MVZ zu gründen), lehnte der Ausschuss die Genehmigung der Anstellungen ab und führte zur Begründung aus, ein noch nicht gegründetes MVZ könne sich nicht auf ausgeschriebene Sitze bewerben. Die Entscheidung des Berufungsausschusses hierzu steht noch aus, es bleibt jedoch zu hoffen, dass er diese Entscheidung zeitnah korrigiert.

Quelle: Dr. Christina Töfflinger, Fachanwältin für Medizinrecht, Rechtsanwältin und Partnerin bei Busse & Miessen Rechtsanwälte, Bonn